NorwegenTouren

Spitzbergen mit Wohnmobil

Gletscher und Pyramiden - der Ort an dem diese zusammen finden, muss schon etwas Besonderes sein.

Wer im Trotter 127 den Bericht über das dzg-Treffen 2007 auf Spitzbergen gelesen hat, der las darin von Wildnis und Gletscher, von mystischen Pyramiden in der Einöde und Lagerfeuer aus sibirischem Treibholz. Es wurde eine arktische Einöde geschildert, deren Faszination aus Unberührtheit und majestätischer Natur bestand. Auch wir (meine Lebensgefährtin Sonja, unsere Tochter Mira und ich, Peter) konnten uns damals noch gar nicht vorstellen, dass uns das Schicksal längere Zeit nach Spitzbergen “verbannen” sollte, diesmal sogar mit dem Wohnmobil, das laut Aussagen der Spitzbergener das erste Womo überhaupt war, das sich hierherwagte. So führten uns zunächst berufliche Ambitionen bis Anfang November nach Longyearbyen, wo wir bis zum Einbruch der Polarnacht unter Schnee, Eis und Isolationsmaterial mit dem Womo standen. Iglumäßig verpackt, war es darin tatsächlich warm genug, um arbeiten und leben zu können.

Die Wunder der beginnenden Polarnacht brachten eine ganz spezielle Faszination. Doch es ist schon eine seltsame Atmosphäre, wenn die Helligkeit stetig abnimmt und nur noch um die Mittagszeit eine düstere Dämmerung vorherrscht.

Aufgrund eines tragischen Familienvorfalls mussten wir den Aufenthalt auf Svalbard im Winter unterbrechen. Die Fahrt durch das schon tief verschneite Nordskandinavien zurück nach Deutschland war sogar noch größeres Abenteuer, als die polare Dämmerung auf Svalbard. WIr nutzten die Zeit im Winter, um neue Kontakte nach Svalbard zu knüpfen, denn wir hatten auf dem Frachter der Nor-Cargo, der unser Wohnmobil transportierte, den Oberboss des russischen Arctikugol kennengelernt, der sich wohlwollend unsere Ideen anhörte, einige Zeit in Pyramiden zu leben. So bekamen wir irgendwann im Frühjahr die Zusage, dass die Russen uns tatsächlich gestatten werden, unser rollendes Zuhause in Pyramiden aufzustellen, um dort einige Zeit zu leben. Im Juni 2008 war es dann auch soweit: das Womo wurde wieder auf den Frachter Norbjørn verladen.

Einige Zeit später – nach ziemlich kuriosem Auslade-Vorgang auf dem Kai in Pyramiden – stand es in einer unbeschreiblich faszinierenden Gegend am Rande der alten Siedlung. Ständiger Ausblick auf die Gletscher-Abbruchkante des Nordenskjøldbree war uns ebenso sicher, wie tägliche Angriffe der Küsten-Seeschwalbe, der es sichtlich unheimlich war, dass wir es wagten, in der Nähe ihrer Brutstätten zu campieren.

Das Wohnmobil und unser ebenfalls übergesetzter PWK waren ein begehrtes Fotomotiv der inzwischen fast täglich mit den Ausflugsbooten “Longøysund” und “Polargirl” angeschipperten Tagestouristen, die den russischen Guide von Pyramiden völlig verblüfft Löcher in den Bauch fragten, wie sich hierher ein Wohnmobil habe verirren können. Da der Guide diese Fragen meist mit herrlichem Schmunzeln beantwortete, wird er vielleicht mit spitzbübischem Humor eine Geschichte vom neu-erbauten Straßen-Tunnel zwischen Longyearbyen und Pyramiden erzählt haben. Wir konnten uns herzhaft lachend vorstellen, wie dieselben Touristen die Einheimischen in Longyearbyen später händeringend nach diesem Tunnel gefragt haben.

Die Zeit in Pyramiden nutzte ich – wie immer in grandioser Natur – zu neuen künstlerischen Aktivitäten, aber auch um für einen deutschen Reiseveranstalter eine Tour auf Spitzbergen durchzuführen. Darüber hinaus erkundeten wir natürlich mehr und mehr die Umgebung um Pyramiden, zum Beispiel das riesige Schmelzwassertal “Mimerdal”. Auch machten wir Touren mit unserem mitgebrachten Schlauchboot, jedoch nur kleinere, denn die mit starkem Wind versehenen Wetterstürze sind in der Arktis tückisch, und wir hatten nur ein kleineres Boot dabei, das einem eventuellen hohen Seegangnicht gewachsen war.

In der Petuniabucht hatten wir heuer ein Pech ganz besonderer Art. Zwei Tage nachdem wir dort unser Zeltlager abbrachen, tappte ein Eisbär genau dort entlang. Dies berichtete uns später ein Norweger, der den Bären dort getroffen und mit einer Signalpistole vertrieben hatte.

Es wurden tatsächlich heuer außerordentlich viele Eisbär-Sichtungen in den eisfreien Gebieten gemeldet. Mag sein, dass Meister Petz die Klimawandlung auch hautnah miterlebt und im Sommer immer weniger Robben (seine Hauptnahrung) findet, weil es einfach immer weniger Eisflächen gibt, auf denen sich die Robben tummeln. So muss er lange Wanderungen unternehmen, stets hungrig und stets auf der Suche nach jeder Art von Nahrung. Noch gibt es etwa 3000 Polarbären auf Svalbard. Doch wie lange noch?

Wir genossen hier diese letzten Flecken der Unberührtheit unserer wunderschönen Erde, versuchten die Schönheit zu assimilieren und in Musik zu “verpacken”. Wohlwissend, dass diese Harmonie fast wie ein Abschiedsgeschenk der Natur an den Menschen ist. Denn der Kontakt zu den wissenschaftlichen Expeditionen gab uns Einblicke in die zunehmenden Veränderungen auf unserem Planeten. Ob die Menschheit als Spezies all diese anstehenden Wandlungen überleben kann, ist fraglich… und hängt wohl hauptsächlich von ihrem Bewusstsein ab. Wenn wir uns weiterhin im Raubbau-Egoismus an diesem Planeten versündigen, wird er sich gegen uns wenden. Lernen wir jedoch, uns als Mit-Schöpfer, Bewahrer und bewusster Teil dieses wunderbaren GANZEN zu fühlen, dann wird die Menschheit ihren Weg finden, nicht nur, um zu überleben, sondern um durch ihre Taten und ihre (neue?) Geisteshaltung die Erde zu veredeln.

An solch extremen Plätzen wie Spitzbergen wird deutlich, welch große Verantwortung wir zu tragen haben. Wir alle… jeder einzelne!

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