Hannover (dpa/tmn) – Ein bezauberndes Lächeln. Natürlich und schön. Oder eine nachdenkliche Pose. Verträumt und geheimnisvoll. Gute Porträt-Fotos bilden weit mehr ab als nur das Foto einer Person, ganz gleich, ob im Urlaub oder bei der Familienfeier. Doch wie gelingt ein gutes Porträt?
Für Roland Schneider, Fotomeister aus Hannover, ist ein authentisches Porträt-Bild eines, in dem sich die oder der Porträtierte später wiederfindet. «Viele Menschen halten sich nicht für gut aussehend. Die Aufgabe des Fotografen ist es daher, ein Porträt anzufertigen, mit dem der zu Fotografierende zufrieden ist», sagt er.
Bei einem stillen Medium wie einem Foto liege es allerdings immer beim Betrachter, ob ihn das Foto anspricht und gefällt. «Für mich ist die Kommunikation vor und beim Shooting wichtig», sagt Schneider. Kunden dürften nicht das Gefühl bekommen, «abgeknipst» zu werden. «Sie sollen erleben, dass ich mich mit ihnen ernsthaft auseinandersetze», meint Schneider. «Sie müssen sich wohlfühlen.»
Gemeinsam überleben, wie es werden soll
Christine Bruns vom Fachmagazin «c’t Fotografie» hält bei einem Porträt für wichtig, dass Fotografen und Porträtierte auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. «Was sie gemeinsam erreichen wollen, sollten sie vorher besprechen, ganz gleich, ob Business-Porträts oder private Aufnahmen», sagt Bruns.
Im Idealfall zeigen Porträts Menschen so, wie sie sind. «Das kann freundlich und verspielt, aber auch nachdenklich und frech sein, je nachdem, was Fotograf und Porträtierter erreichen wollen», sagt Bruns. Für ein richtiges Porträt sei daher eine vorherige Planung und Besprechung notwendig, bei dem beide ihre Ideen fürs Fotoshooting nennen.
Wichtig für ein entspanntes Fotoshooting sei eine angenehme und lockere Atmosphäre, meint Bruns. «Dazu gehört der respektvolle Umgang miteinander.» Um Hemmschwellen abzubauen, würden Humor und Selbstironie helfen. Entscheidend sei, dass sich der oder die zu Porträtierende vor der Kamera wohlfühlt. «Nur dann zeigt er sich natürlich, ungehemmt und weniger verkrampft», sagt sie. «Das wirkt auf Fotos meist lockerer und besser.»
Bildedeen können auf Lieblingskleidung aufbauen
Im Vorfeld eines Shootings bietet Roland Schneider daher seinen Kunden an, ihre Lieblings-Kleidungsstücke mitzubringen. «Meist wählen sie Kleidungsstücke, in denen sie sich wohlfühlen und die etwas aussagen. Darauf kann ich meine Bildideen aufbauen», sagt er. Von den verschiedenen Bildideen fertigt er mehrere Fotos an. «Bei einer großen Fotoauswahl können hinterher Fotograf und zu Porträtierende die besten Fotos auswählen», sagt Schneider.
Für ein gutes Porträt benötigen Fotografen keine große Fotoausrüstung und kein Studio mit Kunstlicht. In der Regel reichen eine gute Digitalkamera und ein passendes Objektiv mit mindestens 50 Millimetern Brennweite. «Objektive mit 85, 105 oder 135 Millimetern Brennweite rücken zu Porträtierende in ein positives Licht und sind daher ideal», sagt Roland Schneider.
Mit einem möglichst lichtstarken Objektiv mit einer offenen Blende von 1,4 oder 1,8 lässt sich gut mit Schärfe und Unschärfe arbeiten. Dabei ist das Objekt, also der Mensch scharf, und der Hintergrund unscharf. Dadurch rückt der zu Porträtierende noch mehr in den Vordergrund des Fotos. Mit einem Faltreflektor lassen sich Licht und Schatten zusätzlich inszenieren.
Mit dem Smartphone etwas auf Abstand gehen
Smartphone-Nutzer sollten beachten, dass die meisten Geräte weitwinklige Objektive besitzen. Je näher Fotografen ans Objekt gehen, umso verzerrter wirkt es. «Besser ist es, etwas Abstand zu halten, um Verzerrungen zu vermeiden», rät Christine Bruns.
Auch optimieren die meisten Smartphones die Fotos direkt nach der Aufnahme. «Wer das nicht möchte und lieber die Rohdaten und ein natürliches Foto erhalten will, der muss die automatische Optimierung deaktivieren», rät Bruns.
Nach Beobachtung von Roland Schneider haben sich Sehgewohnheiten und die Wahrnehmung von Porträts in den vergangenen Jahren stark verändert. Galten bisher Fotos, geschossen mit einem leichten Teleobjektiv, als nah an der Realität und ideal, sind es heute vermehrt Einstellungen wie bei Selfies.
Oft ist Selfie-Ästhetik sogar gefragt
Der neue Standard sei ein Bild, geschossen von schräg oben, dicht am Menschen, erklärt Schneider. «Die weitwinkeligen Objektive von Smartphones verzerren Objekte, die dadurch schmaler aussehen, das gefällt vielen zu Porträtierenden», sagt er.
Das eigentliche Problem sind aber nicht die Smartphones. Moderne Handys mit optischen Brennweiten bieten eine gute Fotoqualität und lassen sich einfach bedienen, sagt Schneider. Aber: «Ein Selfie ist kein natürlich aussehendes Porträt-Foto», kritisiert der Fotograf. Für ein gutes Porträt brauche es einen Fotografen, der den Porträtierten eine nachdenkliche Pose oder ein bezauberndes Lächeln entlockt.
Fünf goldene Regeln für Porträtfotos
Wer anfängt, mit der Porträt-Fotografie zu experimentieren, sollte die wichtigsten Regeln kennen. Hier kommen fünf Profi-Tipps vom Hannoveraner Fotomeister Roland Schneider:
1. Offene Blende (kleine Blendenzahl) für geringe Tiefenschärfe einstellen: So verschwimmt der Hintergrund, und auf der Haut entsteht eine weiche Zeichnung. Scharf gestellt wird auf die Augen.
2. Auf den Hintergrund achten: Dominante Farben und «optische Unruhe» lenken vom Porträtierten ab. Am besten auf einen ruhigen Hintergrund und gedeckte Farben setzen.
3. Auf weiches Licht achten: Denn indirektes oder diffuses Licht glättet Gesichtszüge. Also vormittags, abends oder im Schatten fotografieren.
4. Bildwirkung beachten: Aus der Froschperspektive fotografiert erscheinen Porträtierte größer, aus der Vogelperspektive kleiner. Die neutrale und insbesondere bei Kindern empfehlenswerte Variante sind Aufnahmen auf Augenhöhe.
5. Ausschnitt bewusst wählen: Ein Ganzkörperporträt wirkt häufig unpersönlicher. Mit einem Ausschnitt oder nur mit dem Gesicht samt Mimik erzielt man eine persönlichere oder sogar intime Wirkung.