Washington/Khartum (dpa) – Die USA haben angesichts der schweren Kämpfe im Sudan ihre Regierungsmitarbeiter aus dem Land abgezogen und die US-Botschaft in der Hauptstadt Khartum auf unbestimmte Zeit geschlossen. Alle US-Diplomaten und ihre Angehörigen seien erfolgreich in Sicherheit gebracht worden, teilten das Weiße Haus und das US-Außenministerium in der Nacht zum Sonntag mit. US-Präsident Joe Biden rief die kriegführenden Parteien in einer Stellungnahme zu einem sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand auf. Er forderte sie außerdem auf, humanitäre Hilfe nicht zu behindern und den Willen des sudanesischen Volkes zu respektieren.
Seit Tagen hatte sich das US-Militär mit anderen westlichen Staaten auf die Evakuierung eigener Staatsbürger vorbereitet. Zusätzliche Streitkräfte waren dafür unter anderem nach Dschibuti verlegt worden. Das Land liegt knapp 1200 Kilometer südöstlich der sudanesischen Hauptstadt Khartum am Horn von Afrika. Von dort sei die Mission gestartet, erläuterte ein Regierungsvertreter nach dem Einsatz. Rund 100 US-Soldaten seien an der Evakuierung beteiligt gewesen. Der Einsatz mit Hubschraubern an der US-Botschaft selbst habe weniger als eine Stunde gedauert. Es habe keine Verletzten oder Todesopfer gegeben. Die Zahl der geretteten Menschen liege bei unter 100, darunter seien auch ein paar Kollegen anderer Missionen.
Vor rund einer Woche waren im Sudan Kämpfe zwischen den zwei mächtigsten Generälen des Landes und ihren Einheiten ausgebrochen. Beide hatten das Land mit rund 46 Millionen Einwohner seit einem gemeinsamen Militärcoup im Jahr 2021 geführt. Nun kämpft De-facto-Präsident Abdel Fattah al-Burhan, der auch Oberbefehlshaber der Armee ist, mit dem Militär gegen seinen Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo, den Anführer der mächtigen paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF). Eigentlich hätte Daglos Gruppe der Armee unterstellt und die Macht im Land wieder an eine zivile Regierung übertragen werden sollen.
Der Flughafen in Khartum stand in den vergangenen Tagen im Zentrum der Kampfhandlungen. Ausländische Diplomaten bemühten sich immer wieder um eine stabile Feuerpause für die Evakuierung. Am Mittwoch wurde ein erster Versuch abgebrochen, Deutsche mit Maschinen der Luftwaffe außer Landes zu bringen, weil die Sicherheitslage in der umkämpften Hauptstadt als zu gefährlich für einen solchen Einsatz eingeschätzt wurde. In Berlin tagt täglich ein Krisenstab. Die Bundeswehr traf vor Tagen schon Vorbereitungen für einen neuen Anlauf zur Evakuierung deutscher Staatsbürger und weiterer zu schützender Personen.
Aus der östlichen Stadt Port Sudan war am Samstag bereits eine saudi-arabische Delegation in Sicherheit gebracht worden. Auch eine jordanische Delegation sollte aus Port Sudan ausgeflogen werden. Zwischen Khartum und Port Sudan liegen knapp 850 Kilometer. Nach Angaben des saudischen Fernsehsenders Al-Arabia brachten zudem fünf saudische Schiffe mehr als 150 Menschen aus dem Sudan nach Saudi-Arabien. Laut dem saudischen Außenministerium waren Diplomaten und Bürger aus Saudi-Arabien, Bulgarien, Kanada, Katar, Kuwait, Ägypten, Tunesien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Indien, Pakistan, Burkina Faso und den Philippinen an Bord der Schiffe.
Die vorübergehende Schließung einer Botschaft im Ausland sei immer eine schwierige Entscheidung, aber die Sicherheit des Personals habe oberste Priorität, teilte US-Außenminister Antony Blinken mit. Man werde die im Land verbliebenen US-Bürger weiter unterstützen und sich auch mit den Verbündeten und Partnern abstimmen, um die Sicherheit ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten. Auch wollten sich die USA weiterhin für die Beendigung der Kämpfe im Sudan und für den Übergang zu einer zivilen Regierung einsetzen. Biden und US-Verteidigungsminister Lloyd Austin dankten Dschibuti, Äthiopien und Saudi-Arabien für ihre Hilfe bei der Mission.
Die US-Regierung hatte deutlich gemacht, dass US-Amerikaner, die sich nicht als Diplomaten oder Botschaftspersonal im Sudan aufhielten, nicht damit rechnen könnten, aus dem Land geholt zu werden. Bereits seit längerer Zeit sei US-Bürgern dringend davon abgeraten worden, in den Sudan zu reisen, hieß es zur Begründung. Zuletzt war in US-Medien die Rede davon gewesen, dass sich noch mehrere tausend US-Amerikaner im Sudan aufhalten könnten. Offizielle Angaben dazu gab es nicht. Am Donnerstag bestätigte das US-Außenministerium den Tod eines US-Amerikaners im Sudan, der im Zusammenhang mit den Kämpfen ums Leben gekommen sein soll.
Auch Sudanesen versuchen, den Kämpfen zu entfliehen. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) sind in vergangenen Tagen bereits bis zu 20 000 Menschen in den benachbarten Tschad geflohen. Tausende weitere Menschen seien innerhalb des Landes aus stark umkämpften Gebieten vertrieben worden.