München (dpa/lby) – Der Biber erfreut viele Menschen mit seinem glänzenden Fell, seinen kleinen Pfoten und seiner ingenieurartigen Bauleistung. Doch manchen ist der Nager ein echter Dorn im Auge. In Bayern wurde zuletzt mehrfach versucht, seine Dämme mit brachialen Mitteln zu beseitigen.
So wurden im oberfränkischen Ebermannstadt (Landkreis Forchheim) Anfang April mit einer großen Baumaschine drei Biberdämme zerstört. Ähnlich wurde Ende März in Schwaben vorgegangen, als ein Damm in einem Biotop in Roßhaupten (Landkreis Ostallgäu) mit schwerem Gerät abgerissen und entfernt wurde.
Ein Grund für die Wut auf den Biber könnten die Schäden in Höhe von mehr als einer halben Million Euro sein, die die Nager jährlich verursachen – beispielsweise durch ihren Appetit auf Obstbäume. Wo Probleme entstehen und welche Lösungsansätze es gibt:
Für wen kann der Biber zum Problem werden?
Für Landwirte stellt das vegetarische Nagetier das größte Problem dar: Es kann Nutzpflanzen wie Mais fressen und sie als Material für seine Dämme verwenden. Wenn Anbauflächen an Gewässer heranreichen, kann er beim Bau seiner Burgen Ackerland untergraben oder vernässen. Auch für Autofahrer kann er zum Problem werden, da von ihm angenagte Bäume auf Straßen, Stromleitungen und Gebäude stürzen können.
Zudem können Biber Schäden an Fischteichen oder Kläranlagen verursachen. «Biberkonflikte treten nur dort auf, wo die menschliche Nutzung am Gewässer zu intensiv ist«, sagt eine Sprecherin des Bundes Naturschutz in Bayern (BN).
Wie hoch sind die Biberschäden in Bayern?
Die Summe der Schäden variiert je nach Jahr. Im Zeitraum von 2010 bis 2020 schwankte sie zwischen 500 000 und 750 000 Euro, bei 1000 bis 1240 gemeldeten Fällen pro Jahr, wie es vom BN heißt.
Die als Biberschäden anerkannten Fälle werden von den Kreisverwaltungsbehörden erfasst und dem bayerischen Umweltministerium gemeldet. «Für das Jahr 2021 wurden von den unteren Naturschutzbehörden bayernweit Schäden in Höhe von rund 935 000 Euro anerkannt», teilt eine Sprecherin des Umweltministeriums mit. Nach Angaben des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) dürfte die Dunkelziffer jedoch höher liegen, da nicht alle Schäden gemeldet werden.
Wer kommt für Schäden auf?
Für Schäden in der Land-, Forst- und Teichwirtschaft gibt es in Bayern seit 2008 einen Ausgleichsfonds. Im Jahr 2022 beinhaltet dieser sogenannte Biberfonds 660 000 Euro für Schäden aus dem Vorjahr.
Ist der Gesamtschaden größer als der Biberfonds, werden die Betroffenen nur anteilig entschädigt. Die Ausgleichsquote für das Folgejahr wird anhand der Höhe der gemeldeten Biberschäden im aktuellen Jahr ermittelt. «Die Summe reicht allerdings immer noch nicht aus, um alle Schäden auszugleichen, was definitiv nicht zur besseren Akzeptanz beiträgt», sagt ein BBV-Sprecher.
Wie viele Biber gibt es in Bayern?
Nachdem er im 19. Jahrhundert in Bayern ausgerottet worden war, ist der europäische Biber (Castor fiber) im Freistaat mit etwa 22 000 Tieren in rund 6000 Revieren erfolgreich wieder angesiedelt worden. Rund fünf Prozent der bayerischen Landesfläche werden dem BN zufolge als Lebensraum für den Biber genutzt. Inzwischen ist er durch das Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt.
Nach Ansicht des BN kann es nicht zu viele Biber geben. Das Nagetier greife auf natürliche Mechanismen zurück, um sein Revier zu regulieren. «Angesichts Arten- und Klimakrise sollten wir dankbar sein um jeden Biber, der in der Landschaft für mehr Artenvielfalt, Wasserrückhalt und damit sogar Kohlenstoffspeicherung mithilft», sagt eine BN-Sprecherin.
Dürfen Biber gejagt werden, Biberdämme zerstört?
Der Biber ist streng geschützt. Deswegen sei es grundsätzlich nicht erlaubt, ihn zu jagen, sagt eine Sprecherin des Umweltministeriums. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50 000 Euro. Inwieweit die Nagetiere in Ausnahmefällen gejagt werden dürfen, wird in einer speziellen Verordnung festgelegt.
Die Entscheidung, ob ein Biber gefangen und aus seinem Lebensraum entfernt wird, trifft die Naturschutzbehörde mit dem örtlichen Biberberater. «Im Jahr 2021 wurden bayernweit etwa 2100 Biber entnommen», sagt eine Sprecherin des Umweltministeriums.
Um Konflikte zwischen Menschen und Biber zu lösen, hat das Umweltministerium vor 25 Jahren das Bayerische Bibermanagement gegründet. Wenn trotz Beratung und Bibermanagement Probleme nicht gelöst werden, können die Nager durch Lebendfang oder direkten Abschuss beseitigt werden. «Unserer Erfahrung nach werden jedoch immer weniger Abschussgenehmigungen erteilt», sagt ein BBV-Sprecher.
Die Beseitigung von Biberdämmen ist nur mit einer behördlichen Genehmigung erlaubt. Da der Biber unter Artenschutz steht, ist es generell verboten, ihn zu stören oder seine Reviere und Biberburgen zu beschädigen. Auch nach der Beseitigung von Bibern dürfen deren Dämme nicht einfach vernichtet werden, «weil damit der Lebensraum anderer Arten zerstört werden könnte», sagt eine BN-Sprecherin.
Wie können Schäden sonst vermieden werden?
Nach Ansicht des BN wäre ein 20 Meter breiter Entwicklungsstreifen im Uferbereich ohne Acker- oder Gartenbau von Vorteil – dann würden sowohl der Biber als auch die Umweltsysteme an den Gewässern profitieren. «Wenn mehr Prävention im Vordergrund stehen würde, würde es weniger Schäden geben, also auch weniger Entnahmen geben müssen», sagt die BN-Sprecherin. «Es wäre ein Gewinn für alle.»
Der Bauernverband sieht in solchen Verbotszonen von mehr als fünf Metern hingegen einen Verstoß gegen den Schutz des Privateigentums: «Wir bezweifeln daher, dass durch Nutzungsverbote Konflikte gelöst und die Akzeptanz gesteigert werden kann», sagt ein BBV-Sprecher.
Die Ausweisung eines fünf Meter breiten Uferstreifens wurde mit dem Volksbegehren Artenvielfalt 2019 in das Bayerische Naturschutzgesetz aufgenommen. Falls Ackerflächen dadurch verloren gehen, können Landwirte finanziell entschädigt werden. Auf Flächen des Freistaats gilt für Uferstreifen nach Angaben des Umweltministeriums eine Vorgabe von zehn Metern Breite für größere nicht künstlich angelegte Gewässer.
Eine Verbreiterung der Gewässerrandstreifen sei trotz entsprechender Forderungen von Naturschützern nicht geplant, sagt eine Sprecherin des Umweltministeriums. Das Thema sei «vielschichtig und nicht ausschließlich aus Sicht des Bibermanagements zu betrachten».