Ingelheim/Mannheim (dpa) – Der Weltmeister mag keine Ananas. «Auf der Pizza? Das ist eine Todsünde», sagt Francesco Ialazzo entrüstet. Als Dessert könne die Tropenfrucht okay sein – aber nicht als Belag. «Das passt nicht. Wie Schnitzel mit Nutella.» Ialazzo muss es wissen: Der 42-Jährige aus Ingelheim bei Mainz ist Pizza-Weltmeister. «Da muss man sehr auf seinen Ruf achten», sagt der Deutsch-Italiener augenzwinkernd. «Ich weiß, dass viele Deutsche die Ananas-Pizza Hawaii mögen. Aber wenn ich die mache, muss ich den Titel abgeben.»
Vor zwei Jahren feierte Ialazzo einen Triumph, von dem er lange geträumt und für den er viel gearbeitet hat. In Neapel setzte er sich bei der Weltmeisterschaft des Berufsverbands der professionellen Pizzabäcker und Konditoren gegen Kollegen aus mehreren Ländern durch. Und er gewann die Trofeo Super Campione («Bester der Besten»). «Übung macht den Meister, viel Übung macht den Weltmeister», meint er.
Der Mann mit Schmuckstein im Ohrläppchen («Ein Geschenk meiner Frau») ist in Mainz geboren und aufgewachsen. Seine Großeltern betrieben eine Pizzeria. «Schon als Achtjähriger konnte ich Pizzen drehen. Dazu hat mein Opa mir eine kleine Leiter vor den Ofen gestellt.»
Mit 17 ging er für zwei Jahre nach Neapel, wo der Legende nach 1889 die erste Pizza der Welt gebacken worden war. «Die Handwerkskunst wollte ich dort erlernen, wo sie herkommt. In Neapel wird eine andere Pizza als sonstwo gebacken», schwärmt Ialazzo. Die Unesco nahm diese Kunst sogar 2017 in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf.
In Italien gilt Pizza auch als ein Stück nationaler Identität. Aber es gibt Unterschiede: In Rom ist der belegte Hefeteig dünner, knuspriger und wird «al taglio», stückweise auf die Hand, verkauft.
In Neapel wird Pizza hingegen bei 485 Grad und nur 60 bis 90 Sekunden lang über Holzfeuer gebacken. «Im Holzofen steigt die Hitze nach oben und strahlt wieder nach unten, das ist das Geheimnis. Ein Backblech, wie oft in Deutschland, wird nicht benutzt», erzählt Ialazzo, der 2006 seine Pizzeria «Capri» in Ingelheim eröffnete.
Die «Pizza-WM» in Neapel hat ihn stets gereizt. «Weltmeisterschaft, das ist auch Wissenschaft», betont Ialazzo. 2021 mietete er eine Woche vor Beginn der WM eine Pizzeria in Neapel für einige Stunden am Tag, um das perfekte Rezept zu finden. «In Süditalien herrschen andere Bedingungen als in Ingelheim. Nach einer Woche hatte ich meine Zutaten dem Klima angepasst und wusste: Jetzt habe ich es!»
Ialazzo war binnen der Turniertage in einer Kategorie nach der anderen erfolgreich. «Die anderen sagten: “Guck mal, der nimmt ja alles mit.” Acht Pokale waren es am Ende», erzählt er und lacht.
Nächstes Jahr steht sein nächstes Ziel an: die «Weltmeisterschaft der Superchampions im Pizzabacken» in Las Vegas. «Es gibt weltweit nur fünf Menschen mit diesem Titel, mich eingeschlossen.» Anders als 2021 in Neapel will Ialazzo dann bereits zwei Wochen vorher in die USA reisen, um das ideale Rezept für das Backen vor Ort zu finden.
Als ganz besondere Anerkennung der Pizza-Bäcker-Künste sieht der Landesverband des Hotel- und Gaststättengewerbes (Dehoga) den Titel aus Neapel. «Ialazzo beherrscht sein Handwerk weltmeisterlich. Daher kann er mit diesem Titel sicherlich zusätzliche Gäste anlocken und begeistern», meint der Dehoga-Landesvorsitzende Gereon Haumann.
Und was ist nun der perfekte Weg zu einer guten Pizza? «Dazu gehören Leidenschaft, Erfahrung und gute Produkte», sagt Ialazzo. «Ich benutze etwa Büffelmozzarella aus Neapel, Mehl aus der Campania und zerhacke die Tomatenkerne für die Soße, statt sie zu mixen.» Das Wichtigste sei der fluffige Teig. «Das bekommt nicht jeder hin. Ich habe in Neapel gelernt, wie die Luft in den Teigbällchen bleibt.»
Mittlerweile betreibt der Weltmeister auch eine Filiale in Mannheim, in der badischen Stadt und in Hessen plant er weitere Lokale. «Bei den Großeltern und in Neapel habe ich gelernt, diesen Beruf zu lieben und mit Leidenschaft zu machen», sagt der Vater von drei Kindern.
Und was hält er von Tiefkühlpizza? «Für mich ist das kein Tabu», sagt Ialazzo. «Das kann man essen, wenn man wenig Zeit hat.» Für ihn sei das aber eher nichts. «Mein Opa hat gesagt: Es gibt den geborenen Pizza-Bäcker, der achtet bestimmte Regeln, und es gibt den gewordenen Pizza-Bäcker, der macht alles. Ich zähle mich zu den ersteren, probiere aber auch gerne aus. Ich bin ein moderner Traditionalist.»