St Michael‘s on Wyre (dpa) – In einem mysteriösen Vermisstenfall in Nordwestengland sorgt die Strategie der Polizei, eine Alkoholkrankheit der Vermissten öffentlich zu machen, für Kritik. Die konservative Abgeordnete Alicia Kearns twitterte, sie könne nicht nachvollziehen, wie dies den Ermittlern bei ihrer Suche nützen könne. «Ich kann aber sehr wohl sehen, wie es denjenigen nützt, die das Opfer beschuldigen oder herabwürdigen wollen», schrieb die Politikerin.
Die Polizei hatte zuvor am Mittwochabend mitgeteilt, die 45 Jahre alte Vermisste habe früher erhebliche Probleme mit Alkohol gehabt. Die Alkoholsucht sei eine große Herausforderung für ihren Partner und die Familie mit zwei Töchtern gewesen. Auf einer Pressekonferenz hatten die Ermittler die Frau als «gefährdet» bezeichnet.
Die oppositionelle Labour-Abgeordnete Stella Creasy nannte die Entscheidung, solche persönlichen Informationen öffentlich zu machen, «sehr verstörend». Auch aus Fachkreisen kam Gegenwind: Der frühere Ermittler Martyn Underhill sagte dem Sender Sky News am Donnerstag, er sei «verwirrt» über die Strategie. «Ich kann nicht erkennen, wie das den Fall nach drei Wochen voranbringen soll.» Er könne verstehen, dass einige Menschen das Vorgehen der Polizei als Versuch sähen, dem Opfer die Schuld zuzuschieben und den Ruf der Frau zu zerstören.
Die Suche nach der 45-Jährigen hält das Land seit Wochen in Atem. Die Frau wird seit dem 27. Januar vermisst. Sie hatte morgens ihre neun und sechs Jahre alten Töchter an der Schule im Ort St Michael‘s on Wyre abgegeben und war dann mit ihrem Hund Gassi gegangen. Um 9.00 Uhr nahm die Hypothekenberaterin per Handy an einem geschäftlichen Call teil. Der Anruf endete gegen 9.30 Uhr, aber sie loggte sich nicht aus. Kurz danach wurden der Hund und das Handy an einem Fluss gefunden. Von der Frau fehlt seither jede Spur. Auch der tagelange Einsatz von Tauchern blieb erfolglos.