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Caravaning-Branche kämpft mit gestörten Lieferketten

Die Caravaning-Branche hat während der Corona-Pandemie einen Boom erlebt. Doch die Lieferketten machen Probleme. Kundinnen und Kunden müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Und mehr bezahlen.

Eigentlich kann sich die deutsche Caravaning-Branche gerade nicht beklagen. Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Urlaub auf vier Rädern kräftig angekurbelt und der Branche Rekordzahlen verschafft. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt. Der Umsatz stieg 2022 leicht um 0,5 Prozent auf 14,03 Milliarden Euro, wie der Branchenverband CIVD am Montag mitteilte. Das sei das neunte Umsatzplus in Folge gewesen.

Doch die Industrie hinkt mit ihrem Angebot hinterher. Im vergangenen Jahr verzeichnete die Branche laut CIVD Rückgänge in der Produktion und bei den Neuzulassungen. Demnach ging die Anzahl der produzierten Wohnmobile und Caravans insgesamt um 1,1 Prozent auf 129 287 Fahrzeuge zurück. Die Produktion von Wohnmobilen sei wegen des Mangels an Fahrgestellen – sogenannten Chassis – mit einem Rückgang von neun Prozent besonders stark betroffen gewesen. Der CIVD führte das auf stockende Lieferketten und Personalmangel zurück.

Wie sich die gestörten Lieferketten auf die Produktion auswirken, zeigt das Beispiel des Herstellers Dethleffs aus Isny im Allgäu. Zuletzt standen dort immer wieder die Bänder still, weil Teile fehlten. «Wir sind eine kleine Branche mit sehr spezialisierten Zulieferern», sagte ein Sprecher. Das fange mit der Unterlegscheibe an und höre beim Kühlschrank oder Fahrgestell auf. Man könne aber kein Reisemobil bauen und am Ende erst das Fahrgestell darunter schieben.

Die Nachfrage sei konstant und pendle sich vermutlich auf Vor-Corona-Niveau ein. Die Lieferzeiten betrügen aber ein Jahr und mehr. Mittlerweile bestätige Dethleffs schon gar keine konkreten Daten mehr, weil man nicht planen könne. Angesichts der allgemeinen Teuerung habe Dethleffs auch immer wieder an der Preisschraube drehen müssen. Habe ein Fahrzeug früher vielleicht 50 000 Euro gekostet, seien das heute 15 bis 20 Prozent mehr, so der Sprecher. Das führe auch dazu, dass mittlerweile eine andere Kundschaft erreicht werde. Ziel sei zwar, die Kosten wieder zu senken: «Man kann aber auch keine Paletten reinlegen und sagen: Bringt eure Matratzen selber mit.»

Auch Hymer aus Bad Waldsee (Landkreis Ravensburg) berichtet von Lieferkettenproblemen. «Aus diesem Grund konnten wir – trotz eines hohen Auftragsbestands – unsere Produktionskapazitäten in den letzten zwei Jahren nicht zu jeder Zeit voll ausschöpfen», teilte Christian Bauer, Vorsitzender der Geschäftsführung, mit. Der Hersteller sei wegen gestiegener Preise auch gezwungen gewesen, «einen Teil dieser Preissteigerungen an unsere Kunden weiterzugeben», so Bauer. Aber: «Wir hoffen, dass sich die Märkte beruhigen und die Preisanstiege der vergangenen Monate ein Ende finden.»

Angesichts der gestiegenen Preise würden viele Menschen nun vorsichtiger beim Kauf, sagte Ariane Finzel, Geschäftsführerin des Deutschen Caravaning Handels-Verbands (DHCV). Zum Teil rechne sie wieder mit rückläufigen Zahlen. «Das war ein Riesen-Zenit, der ist jetzt ein Stück weit überschritten. Wenn wir uns einpendeln auf das Niveau vor der Pandemie, dann ist das sicher nicht schlecht.»

Auch auf dem Markt für gebrauchte Wohnmobile zogen die Preise nach Daten von Online-Handelsplattformen deutlich an. So verzeichnete die Plattform mobile.de zum November 2022 einen Preissprung von 19,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Die Nachfrage zog demnach weiter an: Die Zahl der Aufrufe je Inserat stieg um 8,3 Prozent und die Zahl der Tage, die ein Inserat online stand, verringerte sich um 13,2 Prozent.

Von einer ähnlichen Entwicklung berichtet das Portal AutoScout24. Demnach gab es vor allem zwischen Juni 2020 und November 2021 Nachfragespitzen – zuletzt pendelten sich die Seitenaufrufe auf einem etwas niedrigeren Niveau ein. Auch bei den Preisen ging es auf der Plattform deutlich nach oben: Kosteten gebrauchte teilintegrierte Wohnmobile im Dezember 2021 im Schnitt noch 53 600 Euro, waren es im Dezember 2022 schon 67 700 Euro.

Angesichts des rapiden Wachstums der vergangenen Jahre gebe es auch einige Herausforderungen, sagte Finzel vom DHCV. So müssten für die große Anzahl an Wohnmobilen im Markt auch genügend Werkstatttermine verfügbar sein. Außerdem brauche es eine bessere Infrastruktur an Stell- und Campingplätzen. Wichtig sei auch, an einzelnen Orten zu entzerren und ein Bewusstsein für andere Reiseregionen zu schaffen.

Auf dieses Jahr blickt der CIVD trotz aller Herausforderungen optimistisch. Konkrete Prognosen könnten noch nicht abgegeben werden, jedoch lägen Reisemobile und Caravans weiter voll im Trend, sagte Verbandspräsident Hermann Pfaff laut Mitteilung. «Grundsätzlich glauben wir, dass sich auch die Liefersituation im Laufe dieses Jahres verbessern wird.» Die Unternehmen könnten dann die zahlreichen Aufträge wieder besser abarbeiten. Und auch die Wartezeiten für bestellte Fahrzeuge würden sich dann verkürzen.

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