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«330 Tage mit dem Amt verbracht»: Deutsche Weinkönigin zieht Bilanz

Sina Erdrich spricht als Weinkönigin für rund 15 000 Winzerinnen und Winzer in Deutschland. Bald wird sie die Krone an eine Nachfolgerin abgeben. Für die Zukunft hat die 25-Jährige bereits Pläne.

Die Krone hat sie stets dabei, sorgsam verpackt in einem Aluköfferchen. Sina Erdrich ist als Deutsche Weinkönigin auf Terminen und Reisen unterwegs, hat geschätzt «330 Tage mit dem Amt verbracht», wie sie erzählt. Bald übergibt sie die Box mit dem Diadem – denn am Freitag kommender Woche (30. September) wird in Neustadt an der Weinstraße ihre Nachfolgerin gekürt werden. Und erstmals in der mehr als 70-jährigen Geschichte der Weinkönigin kann das Publikum über die wichtigste Botschafterin der Branche mitbestimmen.

Die 25-Jährige aus der malerischen Weinbaugemeinde Durbach in Baden wehrt sich gegen Klischees, die dem Amt anhaften: «Mich stört es, wenn die Wahl der Weinkönigin mit einem Schönheitswettbewerb verglichen wird», sagt sie der Deutschen Presse-Agentur: «Wir sind Fachfrauen und haben etwas zu sagen.»

Die Winzertochter tritt mit einem Lächeln auf, spricht aber gerne Klartext: «Man kann noch mehr aus dem Amt rausholen», resümiert sie. «Ich sehe mich als Marketingfrau und zugleich als Sprecherin der Weinbranche. Ich will nicht nur die Wertschätzung der Verbraucher, sondern auch der Politik für die Landwirtschaft und insbesondere für den Weinbau.» Auch vor Bundestagsabgeordneten habe sie keine Scheu zu sagen, «was nötig ist in der Branche».

Eine Weinkönigin wird auf Festen und anderen Treffen als Hoheit begrüßt, muss aber auch im eigenen Lager für Anerkennung kämpfen. Sie werde von Gleichaltrigen in der Branche eher belächelt als von den 50-Jährigen – so lautet eine Erfahrung der vergangenen zwölf Monate. Es gebe viele «coole junge Winzerinnen und Winzer», die in den sozialen Medien präsent sind und ihr Wissen vermitteln, sagt Erdrich. «Ich würde mir wünschen, dass die Mädels auch Lust darauf hätten, Weinkönigin zu werden.»

Facebook & Co. halten die Monarchin auf Trab. «Das ist sehr zeitintensiv», sagt sie. «Bei einem Termin muss ich zwischendurch sagen, ich gehe jetzt mal zehn Minuten ans Handy, um die Follower zu informieren.» Im Sommer berichtete sie über ihre Reise mit einem Wohnmobil durch die 13 Anbaugebiete Deutschlands. Dabei waren die Weinprinzessinnen Linda Trarbach und Saskia Teucke. Eine Entdeckung bei dem Roadtrip war für Erdrich der Riesling, der je nach Gebiet und Lage anders schmecke.

«Wir haben in jedem Gebiet Betriebe besichtigt, wo ein Generationswechsel stattfindet oder stattfand. In einigen Fällen ist das auch erschreckend, wenn es eben keine Nachfolge gibt», erzählt die Bildungswissenschaftlerin. Sorgen macht zudem der Klimawandel – die Jahre verlaufen sehr unterschiedlich und sind vom Extremwetterereignissen wie Spätfrost und Hitze geprägt. «Das Zeitfenster für die Lese wird immer enger. Es sind noch zwei bis drei Wochen, früher waren es sechs bis acht Wochen.»

Positiv wertet Erdrich das Image des deutschen Weins. Eine Einschätzung, die vom Präsidenten der Berufsvertretung Sommelier-Union, Peer Holm, geteilt wird: «Die Qualität des deutschen Weins ist auf dem besten Niveau, das wir jemals hatten.» Heimischer Wein habe auf den Karten deutscher Restaurants in den vergangenen zehn bis 15 Jahren zugelegt. Auch international sei das Ansehen deutscher Weine gestiegen.

Erdrich kann inzwischen auf eine lange Erfahrung zurückblicken, denn sie amtierte schon im heimatlichen Anbaugebiet Baden als Weinkönigin, coronabedingt waren es dort zwei Jahre. «Es wird viel verlangt und man will selbst auch viel geben», bilanziert sie. Pausen gebe es kaum. Nach dem Studium wolle sie die Schnittstelle zur Weinwelt finden. Ideen gebe es bereits. «Schulungen für Sommeliers, E-Learning für Fachhändler, vielleicht auch eine Tätigkeit in einem Verband.»

Ihrer Nachfolgerin rate sie, Fingerspitzengefühl zu zeigen und diplomatisch zu sein. Es sei möglich, Botschaften unterzubringen, auch bei einem Termin, wo man zunächst belächelt werde. Der wichtigste Tipp aus Durbach lautet: «Einfach Gas geben!»

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