Osterode/Thale (dpa) – Seit 20 Jahren führt der Wanderweg Harzer Hexenstieg Wanderer durch das Mittelgebirge. Seit seiner Eröffnung hat sich das Wegenetz mit zusammen 150 Kilometern Länge zu einem wichtigen Tourismusmagneten entwickelt: «Der Harzer-Hexen-Stieg ist seit Jahren das Leitprodukt für den Wandertourismus im Harz», heißt es vom Harzer Tourismusverband.
Viele Gäste hätten die Wanderroute auf ihrer Bucketlist, sozusagen ihrer Ausflugs-Wunschliste, sagte eine Sprecherin. «Mit so einem Leitprodukt wird eine Wanderregion für den Gast erst “greifbar” und generiert immer wieder neue Gäste.» Davon würden zudem – so auch eine der ursprünglichen Ideen – die so verbundenen Urlaubsorte entlang des Weges profitieren, der von Osterode in Niedersachsen bis Thale in Sachsen-Anhalt führt. Denn für eine komplette Wanderung werden fünf Tagesetappen mit je 20 Kilometern empfohlen.
Auch Umweltschützer sind überzeugt von dem Konzept. Einerseits zeige der Weg Touristen und Touristinnen die Natur und könne so gleichzeitig für deren Schutz werben, sagte der Vorsitzende des BUND-Westharz, Friedhart Knolle. Andererseits würden Besucher so gelenkt, dass Schutzgebiete geschont würden.
Eröffnet wurde der Hexenstieg am 3. Oktober 2003, vor kurzem wurde bereits der offizielle Festakt zum Jubiläum begangen. Seitdem hat sich vor allem das Panorama entlang des Weges verändert. Extremwetter wie Dürre und Stürme haben die Fichten in dem Mittelgebirge in den vergangenen Jahren geschwächt und anfällig für Befall durch Borkenkäfer gemacht. Über 80 Prozent dieser Nadelbäume sind deshalb abgestorben. Aber auch die Route ist nicht komplett gleich geblieben. Unter anderem wegen Sicherungsmaßnahmen im Wald wurden Abschnitte verlegt.
Neben Orten soll die Wandertour auch Ausflugsziele im Harz verbinden. Dazu zählen unter anderem der höchste Berg des Gebirges, der Brocken mit 1141 Metern, oder das Unesco-Weltkulturerbe aus Bergbauzeiten, die Oberharzer Wasserwirtschaft. Seit 2021 finden sich Informationen dazu auch in einem über das Smartphone abrufbaren Multimedia-Guide.
Zudem lassen sich entlang des Weges bis zu 17 Stempel für die Harzer Wandernadel sammeln, von denen weitere im restlichen Harz verteilt sind. Zwischen 2013 und 2014 wurden darüber hinaus elf sogenannte Erlebnisinseln aufgebaut. Die künstlerischen Installationen sollen auf verborgene Details am Wegesrand hinweisen. Unter anderem werde erläutert, welche Bedeutung Ameisen und Blattläuse für den Wald haben oder etwas über die Geologie der Region erklärt.
Der niedersächsische Teil des Harzes ist vor allem vom Schutzgebiet des Nationalparks geprägt, der zum überwiegendem Teil auf der Fläche des westlicheren Bundeslandes liegt. Der Hexenstieg führt teilweise entlang sowie durch den Nationalpark. Viele teilweise seltene Tiere sind dort heimisch, wie Feuersalamander, Gartenschläfer, Luchse oder bestimmte Libellenarten. Auch die Harzer Hochmoore finden sich dort, die dort von dem Niederschlag gewässert werden, der an der Westseite der Harzer Höhenlagen abregnet. Direkt am Hexenstieg liegt etwa das Große Torfhausmoor mit 30 Hektar Fläche in 800 Metern Höhe. Auch hier ist der Klimawandel sichtbar: Einige der Moore waren bereits zu Beginn des Sommers zu trocken.
In Sachsen-Anhalt ist der Harzer-Hexenstieg geprägt von Höhen und Tiefen. Von Torfhaus geht es zum Brocken. Rund 300 Nebeltage gibt es hier laut Tourismusbehörde. Und schon die Dichter Goethe und Heine wanderten zum sagenumwobenen «Berg der Deutschen». Zur Zeit der DDR war die Brockenspitze Sperrgebiet.
Vom Brocken geht es dann wieder Richtung Tal. Immer wieder zieht der Rauch der Loks der Harzer Schmalspurbahnen zwischen den Bäumen hindurch. Wobei es wegen des Klimawandels und des Borkenkäfers riesige Kahlflächen gibt, die das Naturerlebnis für viele Besucher stören. Dabei entstehe auf dem Totholz vielerorts gerade neues Leben, betont der Nationalpark.
Kurz vor dem Ziel in Thale wartet dann ein Highlight auf die Wanderer: Das romantische Bodetal, das sich wie ein riesiger Canyon kilometerweit durch die Landschaft bis nach Thale zieht.